1. September 2022

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Thomas Haßlöcher

Nachweisgesetz: Braucht’s nun einen Füller für Einzahlungen auf ein Zeitwertkonto?

Muss laut Nachweisgesetz auch die Einzahlung in eine Altersversorgung zukünftig schriftlich vereinbart werden? PensExpert bringt Sie auf den aktuellen Stand.

Das Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen, kurz Nachweisgesetz (NachwG) genannt, ist bereits 1995 in Kraft getreten. Zum 1. August 2022 erfolgte nun eine Novellierung, mit welcher der Gesetzgeber die EU-Richtlinie 91/533/EWG in nationales Recht umgesetzt hat. Das Nachweisgesetz legt fest, dass alle wesentlichen Arbeitsbedingungen ab sofort schriftlich, das heißt mit einem Füllfederhalter, von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichnet werden müssen. Im Vorfeld der Novellierung kam unter Experten Unsicherheit bei der Frage auf, ob Arbeitgeber grundsätzlich auf Basis des neuen Nachweisgesetzes über eine Entgeltumwandlung im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge sowie bei einem Zeitwertkonto in Schriftform informieren müssen: Fallen entsprechende (digitale) Regelungen und damit verbundene Einzahlungen nun auch unter das Nachweisgesetz und der damit verbundenen Schriftform?

Bußgeld bei digitaler Einzahlung in Zeitwertkonten?

 

„Viele große Unternehmen haben bereits eine vollständig digitale Einzahlungsstrecke. Jeder Verstoß gegen das neue Nachweisgesetz stellt zukünftig eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit bis zu 2.000 EUR pro Mitarbeiterin oder Mitarbeiter geahndet werden kann. Hier könnte also schnell eine riesige Summe an Bußgeldern zusammenkommen, würde das Gesetz auch auf die Einzahlung in die Altersversorgung und für Zeitwertkonten angewandt“, gibt Dr. Thomas Haßlöcher zu Bedenken. Der Geschäftsführer von PensExpert und PensLegal erinnert daran, dass die der Novellierung des deutschen Nachweisgesetzes zugrundeliegende EU-Richtlinie auch die bloße Textform als möglich ansah und somit die Digitalisierung in der Arbeitswelt ausdrücklich unterstützt habe. „Der deutsche Gesetzgeber beharrt allerdings im Nachweisgesetz generell auf der Schriftform – klassisch mit Füller – und würde dadurch der digitalen Altersversorgung, sofern man zu dem Ergebnis kommt, dass auch diese sowie die Zeitwertkonten unter das Nachweisgesetz fallen, einen Bärendienst erweisen“, so Dr. Haßlöcher. Die entscheidende Frage bleibt also, ob auch die Einzahlungen in die betriebliche Altersversorgung oder auf ein Zeitwertkonto unter das Nachweisgesetz fallen und damit zukünftig schriftlich vereinbart werden müssten. Dazu hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit Blick auf die Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung im Rahmen eines Briefes zwar kürzlich eine klare Aussage getroffen. Doch diese Aussage ist leider nur eine Auffassung eines Ministeriums und hat damit nur Indizwirkung.

BMAS: bAV auch zukünftig ohne Schriftform möglich

 

Das Nachweisgesetz sei auf die betriebliche Altersversorgung in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar, so die Auffassung des BMAS. In der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (ABA) vom 7. Juli 2022 heißt es konkret: „Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, seine Beschäftigten schriftlich über die vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen zu informieren, dazu zählt auch die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts. Der Arbeitgeber muss demnach über das Arbeitsentgelt informieren, nicht aber darüber, wofür das Arbeitsentgelt von den Beschäftigten im nächsten Schritt verwendet wird. Das Nachweisgesetz ist daher nach Auffassung des BMAS auf Betriebsrenten in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar.“

Einbringung von Arbeitsentgelt in Zeitwertkonten nicht explizit erwähnt

 

„Dieses Meinungsbild des BMAS ist nett gemeint, doch leider können wir uns darauf nicht verlassen“, beschreibt Dr. Haßlöcher von PensExpert den aktuellen Stand in Sachen Nachweisgesetz und Altersvorsorge. Auch die ABA weist darauf hin, dass die Sichtweise des Ministeriums in einer etwaigen rechtlichen Auseinandersetzung nicht zwingend sei. „Darüber hinaus hat man schlicht vergessen, die Wertguthaben, also die Zeitwertkonten, in diesem Kontext mitzuerwähnen“ gibt Dr. Haßlöcher noch zu bedenken. Entsprechend hat auch der Verband der Zeitwertkontennutzer und -interessierten eine Stellungnahme im Rahmen von Zeitwertkonten veröffentlicht.

Im Ergebnis wird damit die Praxis wieder einmal mit einer gesetzlichen Regelung konfrontiert, die bereits vor ihrem Inkrafttreten eine Auslegungshilfe aus einem Ministerium benötigt. Kein guter Start für ein Gesetz und kein guter Impuls für die weitere Digitalisierung unserer Arbeitswelt in Deutschland.