1. November 2023

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Thomas Haßlöcher

Vorruhestand ist nicht gleich „Vorruhestand“ (Teil 1)

In 4 Folgen bietet PensExpert einen Einstieg in die Welt des Vorruhestands. Weshalb ist diese Miniserie so wichtig für alle, die sich mit Vorsorge und dem Vorruhestand beschäftigen?

Die kommenden Jahre, genauer gesagt die Jahre bis 2033, werden einen enormen Zuwachs an Personen in das gesetzliche Rentensystem mit sich bringen. Gründe sind nicht nur, dass die „Babyboomer“, also die geburtenstarken Jahrgänge, in Rente gehen. Es ist auch der Umstand, dass diese und andere Personengruppen auch „früher“ als gesetzgeberisch gewünscht in Rente gehen und gehen werden. Dieser Umstand wird das sowieso schon stark belastete Rentensystem weiter auf die Probe stellen.

Die Folge dieser offensichtlichen Überlastung des Systems wird eine Diskussion um die drei Stellschrauben zur Verbesserung der Ausgangslage der Deutschen Rentenversicherung sein.

  • Beitragssätze erhöhen
  • Rentenniveau senken
  • Renteneintrittsalter erhöhen

 

Sicherlich wird es zu einem Mix dieser drei Stellschrauben, gepaart mit weiteren Zuschüssen des Staates kommen. Wenn man also davon ausgeht, dass in Zukunft das Renteneintrittsalter weiter steigen wird und es auch in Zukunft viele Menschen geben wird, die dieses Renteneintrittsalter „67“ nicht erreichen werden, kommt der Überlegung eines gleitenden, vorzeitigen Renteneintritts, eine enorme Bedeutung für alle zu, die sich mit der „Altersvorsorge“ beschäftigen.

Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass jeder eigenverantwortlich und abgesichert seinen Renteneintritt gestalten können sollte, ist dieser Beitrag als eine erste Orientierung gedacht. Da die „67“ nur eine Zahl ist, die mit Blick auf den Renteneintritt erfahrungsgemäß nur auf die Wenigsten passt, sollte die Mehrzahl wissen, wie man sich die passende Zahl auswählen und danach planen kann. Hier ist eine ganzheitliche Begleitung mit Hilfe der Berater, der Unternehmen, aber auch der Politik entscheidend.

 

AUSBLICK:

 

Ein Vorruhestand ist nur dem Wortlaut nach ein „Vorruhestand“. Inhaltlich ergeben sich zahlreiche Gestaltungsmodelle für die Realisierung des Traums oder der Notwendigkeit eines „früher frei“.

Mit Ausnahme der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente benötigt man für die weiteren Lösungsansätze die Mitwirkung des Arbeitgebers. Und schaut man sich hier die wesentlichen Gestaltungsvarianten an, sticht die Variante „Mannheimer Modell“ als recht unbekannte, aber äußerst interessante Variante hervor.

 

Die erste Folge: Die Flexibilisierung des Renteneintritts durch Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen

 

Zum 01.07.2017 ist das sog. Flexirentengesetz [1] in Kraft getreten. Es sollte einen vereinfachten Zugang zu vorgezogenen gesetzlichen Altersrentenleistungen ermöglichen, indem man neben einer Rente noch ein Erwerbstätigeneinkommen aus einem Beschäftigungsverhältnis zuließ. Dieser Hinzuverdienst sollte die „Gehalts-Lücken“ aufgrund vorzeitiger Beanspruchung von Teilen der Rente reduzieren.

Mit Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen im Rahmen des Rentenbezugs zum 01.01.2023 werden „Flexirenten“ künftig gemäß § 42 Abs. 1 SGB VI auf Basis einer Teilrente umgesetzt.[2]

Eine Herausforderung der Umsetzung einer Rente ist die Tatsache, dass mit der Inanspruchnahme einer Teilrente auch nicht unerhebliche Rentenabschläge in Kauf genommen werden müssen. Zum Ausgleich einer reduzierten Rente können Beschäftigte nun trotz Rentenbezug in unbegrenzter Form einem Beschäftigungsverhältnis nachgehen.

Die Kombination aus (Teil-)Rente und Arbeitsverhältnis bedeutet für die Betroffenen, dass sie trotz Rente einer Arbeit nachgehen, welche den Hinzuverdienst abbildet. Für viele ist jedoch ein aktives Beschäftigungsverhältnis ab einem gewissen Alter eventuell nicht mehr möglich oder auch nicht gewünscht. Für einen Großteil der Menschen in diesem Land wird der Begriff „Vorruhestand“ auch nicht mit einem „Weiterarbeiten“ verbunden.

Auch wenn die Kombination von Arbeit und Rente in der Zukunft weiter zunehmen wird, somit auch der tatsächliche Renteneintritt flexibilisiert wird, soll dieser Beitrag die aktuell interessantesten Modelle eines Vorruhestands beleuchten, ohne eine (Teil-)Rente in Anspruch nehmen zu müssen. Am Ende sollte mit den Modellen des Vorruhestandes die Brücke in den Ruhestand gebaut werden. Und diese Brücken sind individuell gestaltbar, abhängig von Branche, Arbeitgeber und den Mitarbeitenden. Denn „Rente67“ ist eben nur eine Zahl, die im Zweifel nicht die passende Zahl ist.

Doch schauen wir zunächst auf den Klassiker des „Vorruhestands“, die Beantragung der gesetzlichen Rente mit Abschlägen.

In der nächsten Folge: Der Vorruhestand als Rente mit Abschlag

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