14. Januar 2025
|Christian Wiecha
Zeitwertkonten digital verwalten: Effizienzsteigerung in der Personalabteilung
Die Digitalisierung verändert alle Bereiche des Arbeitslebens, besonders in der Personalabteilung
Ein Themenfeld, das davon stark profitieren kann, ist das Zeitwertkonto. Die Begleitung von Beschäftigten im Hinblick auf Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen von Zeitwertkonten erfordert nicht nur viel Zeit, sondern auch umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen Steuern, Sozialversicherung und Kapitalanlage.
Zeitwertkonten sind Teil der Vorsorgeplanung der Mitarbeiter, ähnlich der betrieblichen und privaten Vorsorge. Wie ein Zeitwertkonto funktioniert und wo die Vorteile liegen, ist bis zu einem gewissen Umfang schnell erklärt und der Bedarf nahezu aller Beschäftigten liegt auf der Hand. Aus zahlreichen Studien‘ geht hervor, dass kaum jemand – 9 von 10 Babyboomern, 40 % der Beschäftigten – bis zur Regelaltersgrenze arbeiten möchte, auch der Wunsch nach Auszeiten während des Berufslebens steigt stetig. In diesem Artikel wird beleuchtet, wie die Digitalisierung im HR-Service von Zeitwertkonten neue Chancen schafft und welche Herausforderungen es zu meistern gilt.
Digitalisierung beginnt bei der Administration/Verwaltung und Betreuung von Zeitwertkonten
Die Verbreitung von Zeitwertkonten hängt von ihrer Einfachheit und Transparenz ab. In vielen HR-Abteilungen herrscht die Meinung vor, dass die Verwaltung von Zeitwertkonten zeitintensiv, komplex und teuer ist. Während Konzerne dafür eigene Ressourcen in den HR-, Finanz- und IT-Abteilungen bereitstellen, scheuen mittelständische Unternehmen oft den Aufwand.
Hier müssen Konzepte vereinfacht und digitalisiert werden, damit auch kleine und mittelständische Unternehmen von den Vorteilen profitieren. Einfache Datenschnittstellen können manuelle Prozesse reduzieren und Fehlerquellen minimieren. Ein digitales Cockpit für HR- und Finanzverantwortliche bietet Transparenz, während ein Kontozugang für Mitarbeiter Rückfragen reduziert und Vertrauen schafft.
Status Quo bei der Betreuung der Zeitwertkonten durch HR
Neben der Verwaltung übernehmen HR-Abteilungen eine zentrale Rolle in der Kommunikation zu den Mitarbeitern, die ein Zeitwertkonto nutzen. Diese Aufgabe geht über fachliche Fragen hinaus und erfordert regelmäßig eine individuelle Beratung, um persönliche und Unternehmens-strategische Ziele in Einklang zu bringen. Obwohl es zahlreiche Informationsquellen wie Videos, Broschüren, FAQs und Online-Rechner gibt, ist in vielen mittelständischen Unternehmen die Beteiligungsquote oft gering.
In großen Unternehmen übernehmen häufig spezialisierte HR-Mitarbeiter die Begleitung solcher Anfragen. Sie haben die Aufgabe, die Bedürfnisse der Beschäftigten und die Personalziele des Unternehmens in Einklang zu bringen. In kleineren Unternehmen fehlen häufig die personellen Kapazitäten, um eine intensive Beratung anzubieten. Trotz der zunehmenden Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen – etwa in Form eines Sabbaticals, als Verlängerung einer Elternzeit oder als Vorruhestand – entscheiden sich dennoch viele Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen gegen ein Zeitwertkonto.
Ein Grund für diese Zurückhaltung liegt in der vermeintlichen Komplexität der Materie. Viele Beschäftigte sind unsicher, wie sich das Konto auf Steuern, Sozialversicherung und Rentenansprüche auswirkt. Zudem fehlt im Gegensatz zu Konzernen in vielen mittelständischen Unternehmen eine Beratungsstruktur, die diese Bedenken aufgreift. Hier kann die Digitalisierung helfen, indem sie Prozesse vereinfacht, Transparenz schafft und damit Zeit spart. Auch wenn die individuelle Begleitung ein zentraler Erfolgsfaktor bleiben wird, um die Verbreitung von Zeitwertkonten zu fördern, kann mit einer digitalen Unterstützung ein besseres Grundverständnis für Zeitwertkonten geschaffen werden.
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Anders als bei der betrieblichen Altersvorsorge („bAV“) werden oft keine externen Berater in den Unternehmen eingesetzt, der die Mitarbeiter berät und das Produkt Zeitwertkonto gegen eine Provision „vermittelt“ oder gegen Honorar begleitet. Dies führt dazu, dass vielen Mitarbeitern das Know-how zum Zeitwertkonto-Modell im eigenen Unternehmen fehlt. Vielfach wird ein solches Modell nur von denjenigen genutzt, die sich in Eigenrecherche gezielt über das Zeitwertkonto informieren. Viele Unternehmen wiederum, gerade im Mittelstand, scheuen häufig die Kosten für eine an die bAV-Beratung angelehnte, externe Beratungsleistung. Und dies aus zwei Gründen: erstens kostet diese Leistung in der Regel das Unternehmen Geld, anders als in der bAV und zweitens gibt es im Vergleich zu bAV-Beratern weit weniger Experten, die Zeitwertkonten im Unternehmen beratend begleiten können.
Des Weiteren ist der Teilnahme- oder Antragsprozess in vielen Fällen mit manuellem Aufwand verbunden, den immer mehr Mitarbeiter scheuen. So müssen sich Mitarbeiter eigenständig nach den Unterlagen erkundigen bzw. „suchen“, um bspw. den Teilnahmeprozess bei der HR-Abteilung in Gang zu setzen. Dies wirkt für viele abschreckend. Gerade im Mittelstand sind digitale Workflows und Self-Service Angebote, gerade im noch überschaubar großen Themenfeld der Zeitwertkonten, selten.
Aufgrund fehlender Informationsmöglichkeiten erscheint die Attraktivität bei Zeitwertkonten nicht besonders hoch, auch wenn das Zeitwertkonto hinsichtlich seiner Wirkung auf Steuern, Sozialversicherung und Rentenansprüche überschaubar komplex ist, gerade wenn man die Grundprinzipien verstanden hat. Doch die Unwissenheit der Meisten gerade im Mittelstand führt letztlich zu „Nichtentscheidungen“, da man mögliche Nachteile fürchtet.
Um die Verbreitung von Zeitwertkonten im Betrieb, aber auch in der Arbeitswelt per se zu steigern, sind Unternehmen jeder Größe gefragt, digitale Kommunikationsstrecken zu etablieren, die die Vorteile klar und einfach erklären. Persönliche Beratung sollte bei Bedarf ergänzend zur Verfügung stehen. Automatisierte Tools können außerdem dabei helfen, eine regelmäßige Kommunikation zu etablieren und damit das Wissen rund um Zeitwertkonten nach und nach zu optimieren. Denn eine regelmäßige Information hilft, ein vermeintlich komplexes Thema auf Dauer verständlich zu machen. Dies wird zwangsläufig dazu führen, das Interesse der Mitarbeiter am Zeitwertkonto zu wecken.
Was also tun?
Die Verbindung von persönlicher Beratung und Information mit digitalen Instrumenten wird entscheidend sein, um Zeitwertkonten zu einem echten und vor allem bekannten Benefit weiterzuentwickeln. Wenn mehr Mitarbeiter im Unternehmen positiv über das Instrument denken und die Chancen nutzen, hat der Arbeitgeber sein „Projekt Zeitwertkonto“ zum Erfolg geführt. Welche Möglichkeiten gibt es nun, die Digitalisierung der Zeitwertkonten umzusetzen? Hierzu ein paar mögliche Bausteine:
- Regelmäßige Information: ein kontinuierlicher Informationsprozess über die wesentlichen Bestandteile des hauseigenen Zeitwertkontos. Denn mittels einfach verständlicher Informationen, wird das Interesse der Mitarbeiter nicht nur geweckt, sondern auch vertieft und damit Vertrauen in das Instrument hergestellt.
- Online-Kommunikation und persönliche Beratung: Mitarbeiter werden durch eine digitale Kommunikationsstrecke geführt, mit der Möglichkeit, bei komplexen Fragen ein Beratungsgespräch zu vereinbaren.
- KI-gesteuerte Beratung und Chatbot: Während schon heute mit Chatbots zur Wissensabfrage experimentiert wird, werden in Zukunft spezialisierte KI-Chatbots Teile der Beratung übernehmen können. Dabei werden die KI-Bots auf die Fragestellungen der interessierten Mitarbeiter „trainiert“, die Hürden sind jedoch heute noch vielfältig. Während KI-Lösungen (z.B. GTP-4) bei kreativen Aufgaben bereits zu einer deutlichen Effizienzsteigerung von 25 bis 40 %3 führen können, schneiden sie bei analytischen Aufgaben noch deutlich schwächer ab, wie es aus der Studie hervorgeht. Die Implementierung von KI-gestützten Chatbots in der Mitarbeiterberatung bringt auch weitere Herausforderungen mit sich: Eine entscheidende Rolle spielt die Qualität der Trainingsdaten, da unvollständige oder inkonsistente Daten die Leistung und Genauigkeit der KI beeinträchtigen können. Zudem ist die Einführung eines solchen Systems oft kosten- und zeitintensiv, da es technisches Know-how und Anpassungen an bestehende Geschäftsprozesse erfordert. Gleichzeitig müssen Unternehmen die Akzeptanz der Mitarbeiter sicherstellen und ethische Bedenken wie Datenschutz und Transparenz berücksichtigen, um Vertrauen in die neuen Technologien aufzubauen.
- Feedback-Kanäle: Unternehmen sollten offene Kanäle für Feedback und Fragen bereitstellen. Dies kann durch regelmäßige Umfragen, Feedback-Formulare oder Ansprechpartner erfolgen.
- Dokumentengenerator: eine Möglichkeit, Anträge für die Eröffnung eines Zeitwertkontos und auch Freistellungsanträge generieren zu können. Somit können Mitarbeiter selbst in digitaler Form die Anträge stellen. Dies kann noch um digitale Workflows erweitert werden.
Support und Infos für Unternehmen und Mitarbeiter*innen:
Fazit
Die Digitalisierung und effektive Kommunikation von Zeitwertkonten nach dem Flexi-II-Gesetz bieten zahlreiche Vorteile und tragen zur Modernisierung und Effizienzsteigerung in Unternehmen bei. Durch die Nutzung digitaler Lösungen und eine transparente Kommunikation können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer von einer klaren, flexiblen und sicheren Verwaltung der Arbeitszeitguthaben profitieren.
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2 lidA – Studie Universität Wuppertal – Prof. Dr. med. Martin Hasselhorn I Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft 4/24
3 BCG-Thinktank-Studie „Generative KI im Consulting – Fluch und Segen zugleich“