5. April 2024

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Thomas Haßlöcher

Strategien für den Übergang in die Rente

Modelle für einen vorzeitigen Berufsausstieg, den 67 ist nur eine Zahl

 

Die Überlegungen zu einem vorzeitigen Renteneintritt, sei es unter dem Begriff „Früher frei“, „Rente 67 minus x“ oder der Frage nach der verbleibenden Dauer im Berufsleben, spielen in jeder Generation von Arbeitnehmern eine bedeutende Rolle. Unabhängig von der wirtschaftlichen Lage müssen sich Unternehmen und Mitarbeiter mit diesem Thema auseinandersetzen. Der folgende Artikel bietet einen ersten Einblick in verschiedene Modelle und Ansätze für einen geplanten Ausstieg aus dem Berufsleben vor Erreichen des Regelrentenalters. Ziel ist es, Beratern, Mitarbeitern und Unternehmen Anregungen für verschiedene Gestaltungsmodelle zu geben, Unterschiede aufzuzeigen und Einblicke in bewährte Praktiken zu gewähren, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

Die kommenden Jahre bis 2033 werden einen deutlichen Anstieg von Personen im gesetzlichen Rentensystem verzeichnen, nicht nur aufgrund des Eintritts der „Babyboomer“-Generation in den Ruhestand, sondern auch aufgrund vorzeitiger Renteneintritte dieser Generation. Diese Entwicklung wird das ohnehin belastete Rentensystem weiter herausfordern. Als Reaktion darauf wird voraussichtlich eine Diskussion über drei zentrale Stellschrauben zur Verbesserung der Ausgangslage der Deutschen Rentenversicherung entstehen: Beitragssatzerhöhungen, Senkung des Rentenniveaus und Erhöhung des Renteneintrittsalters. Angesichts dieser Entwicklung und der Tatsache, dass viele Menschen heute und auch in Zukunft einen vorzeitigen Berufsausstieg planen, gewinnt die Überlegung eines flexiblen, vorzeitigen Renteneintritts erheblich an Bedeutung.

Im Kontext dieser Überlegungen und der Tatsache, dass jeder individuell und abgesichert seinen Renteneintritt planen sollte, dient dieser Beitrag als erste Orientierung. Da die starre Zahl „67“ erfahrungsgemäß nicht auf alle zutrifft, ist es wichtig zu verstehen, wie man die passende Zahl auswählt und darauf basierend planen kann. Eine umfassende Begleitung durch Berater, Unternehmen sowie die Flankierung durch den Gesetzgeber ist in diesem Zusammenhang entscheidend.

Die Flexibilisierung des Renteneintritts durch Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen

 

Ab dem 01.07.2017 trat das sogenannte Flexirentengesetz in Kraft, das einen vereinfachten Zugang zu vorgezogenen gesetzlichen Altersrentenleistungen ermöglichen sollte. Dieses Gesetz erlaubte es, neben einer Rente auch Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung zu beziehen. Die Hinzuverdienstgrenzen fielen zum 01.01.2023 weg, und „Flexirenten“ werden nun gemäß § 42 Abs. 1 SGB VI auf Basis einer Teilrente umgesetzt. Diese Entwicklung ermöglicht es Beschäftigten, trotz Rentenbezug unbegrenzt einer Beschäftigung nachzugehen. Die Kombination aus (Teil-)Rente und Arbeitsverhältnis erlaubt es den Betroffenen, trotz Rente einer Arbeit nachzugehen und dabei einen Hinzuverdienst zu erzielen. Auch wenn die Kombination von Arbeit und Rente in Zukunft zunehmen wird und der tatsächliche Renteneintritt flexibler wird, beleuchtet dieser Beitrag die derzeit interessantesten Modelle eines Vorruhestands ohne Inanspruchnahme einer (Teil-)Rente.

Der Vorruhestand als Rente mit Abschlag

 

Wenn man nach dem Begriff „Vorruhestand“ sucht oder darüber spricht, wird in der Regel ein vorzeitiger Renteneintritt unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen verstanden. Dieser vorzeitige Renteneintritt kann bei einer Regelaltersrente von 67 Jahren bis zu 48 Monate, also 4 Jahre, betragen. Diese „Rente63“ führt zu Rentenkürzungen von 0,3 % pro Monat vor der Regelaltersrente. Dies bedeutet beispielsweise bei einer „Rente63“ eine lebenslange Rentenkürzung von 14,4 % bei einem Rentenanspruch von 1.500 EUR pro Monat. Darüber hinaus fehlen durch den vorzeitigen Rentenbezug 4 Jahre Ansparzeit für die individuelle Rente, da mit der Inanspruchnahme einer Teilrente die Beschäftigung in der Regel endet und somit die Zahlungen in die Rentenkasse sowie Einzahlungen in die betriebliche Altersversorgung (bAV) ebenfalls enden.

Einige versuchen, diese Lücke durch Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen zu schließen. Diese Sonderzahlungen erhöhen den Rentenanspruch, können aber erhebliche Kosten verursachen. Zum Beispiel müsste man, um 4 fehlende Rentenpunkte auszugleichen, rund 33.000 EUR an die Rentenversicherung zahlen. Dieser „Punktekauf“ kann steuerlich absetzbar sein, aber es entsteht eine Doppelbesteuerung, da die Zahlungen aus versteuertem Einkommen stammen und im Rentenbezug erneut besteuert werden. Zudem ist fraglich, ob sich dieser Kauf lohnt, da die Rente lange genug bezogen werden muss, um die Investition zu rechtfertigen.

Der Vorruhestand bei Aufrechterhaltung der Beschäftigung

 

Neben der vorzeitigen Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente haben sich zwei weitere Modelle auf dem Arbeitsmarkt etabliert, die die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses fingieren: die Altersteilzeit und das Wertguthaben nach § 7b SGB IV, auch Zeitwertkonto genannt.

Der Vorruhestand mittels Altersteilzeit

 

Die Altersteilzeit als Wertguthabenmodell ist im Altersteilzeitgesetz (AltTZG) geregelt und ermöglicht Arbeitnehmern ab dem 55. Lebensjahr die Inanspruchnahme. Die Umsetzung erfolgt oft über ein Blockmodell, das eine Aufteilung in eine Arbeitsphase und eine Freistellungsphase vorsieht. Die Altersteilzeit bietet dank Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers einen gleitenden Übergang in den Ruhestand bei Aufrechterhaltung eines Großteils des Vollzeitgehalts sowie weiterer Rentenpunkte. Allerdings ist dieses Modell nicht nur mit erheblichen Kosten auf Arbeitgeberseite verbunden, es gibt auch inhaltliche Restriktionen, wie Laufzeiten oder Hinzuverdienst, die dieses Instrument oft komplex machen.

Der Vorruhestand über Wertguthaben gemäß § 7b SGB IV

 

Das Wertguthaben nach § 7 b SGB IV, auch Zeitwertkonto genannt, ermöglicht eine individuelle Verteilung der Arbeitszeit und somit eine flexiblere Lebensgestaltung, auch mit Blick auf den Renteneintritt. Mithilfe des Zeitwertkontos werden Arbeitsentgeltbestandteile (oder auch in Geld gewandelte Überstunden) auf einem individuellen Zeitwertkonto angesammelt, das später als bezahlte Freizeit oder in Form von einmaliger Geldleistung ausbezahlt wird. Dieses Modell wird individuell im Betrieb zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart. Das Zeitwertkonto ist nicht nur auf den Vorruhestand beschränkt, sondern kann auch für andere Lebensphasen genutzt werden, wie beispielsweise die Pflege von Angehörigen oder die Weiterbildung. Bei der Auszahlung des angesparten Guthabens sind jedoch steuerliche Aspekte und Sozialversicherungsbeiträge zu beachten.

Fazit: Vorruhestand als individuelle Lebensphase

 

Der Vorruhestand ist mehr als nur ein vorzeitiger Renteneintritt; er ist eine individuelle Lebensphase, die gut durchdacht und geplant werden sollte. Die Flexibilisierung des Renteneintritts bietet verschiedene Möglichkeiten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebenssituationen gerecht werden. Ob durch einen vorzeitigen Rentenbezug mit Abschlägen, die Nutzung von Altersteilzeit oder ein individuelles Zeitwertkonto – die Entscheidung für den Vorruhestand sollte auf einer soliden Informationsgrundlage und in enger Abstimmung mit Unternehmen und Beratern getroffen werden. So kann eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschaffen werden, die die Bedürfnisse nach individueller Lebensgestaltung und betrieblichen Anforderungen gleichermaßen berücksichtigt.

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