10. Dezember 2025
|Franca Helfert
Was bei der Übertragung von Zeitwertkonten-Guthaben in die bAV gilt
Einleitung
Zeitwertkonten sind in vielen Unternehmen ein zentraler Baustein moderner Arbeitszeitpolitik. Sie erlauben es Beschäftigten, Entgeltbestandteile oder Zeit in ein Wertguthaben umzuwandeln und später für Freistellungen, Sabbaticals oder einen gleitenden Übergang in den Ruhestand zu nutzen. Solange die Vereinbarung die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, bleibt das Guthaben in der Ansparphase lohnsteuer- und sozialabgabenfrei. Abgaben fallen erst an, wenn das Guthaben zur Finanzierung einer Freistellung ausgezahlt wird.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Idee naheliegend, nicht verbrauchtes Wertguthaben am Ende des Erwerbslebens direkt in die betriebliche Altersversorgung zu überführen. Genau dieser Weg war lange Zeit nicht nur möglich, sondern ausgesprochen attraktiv. Heute gilt er weiterhin als Option, allerdings unter deutlich strengeren Bedingungen.
Die frühere Logik bis 2009
Bis 2009 konnten Zeitwertkonto-Guthaben weitgehend uneingeschränkt in eine bAV übertragen werden. Aus Sicht der Praxis war das elegant, weil ein angespartes Bruttoguthaben ohne steuerliche oder beitragsrechtliche Belastung in eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung umgewandelt werden konnte. Der Übergang von der Lebensarbeitszeit in die Rente ließ sich so sehr flexibel gestalten, und Beschäftigte konnten überschüssige Zeitwertreserven als echten Rentenbaustein nutzen.
Der Hintergrund war eine sozialversicherungsrechtlich erleichterte Umwandlung von Wertguthaben in bAV Strukturen, die über mehrere Reformschritte seit den frühen 2000er Jahren möglich geworden war.
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Der Wendepunkt seit 2009
Mit den seit 2009 verschärften Vorgaben für die lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Anerkennung von Zeitwertkonten änderte sich die Bewertung deutlich. Die Finanzverwaltung konkretisierte damals die Anforderungen an Wertguthabenvereinbarungen, unter anderem um Missbrauch als beliebiges Sparvehikel zu verhindern. Maßgeblich war hier ein Schreiben aus dem Jahr 2009, das seitdem die Leitplanken setzt.
Seit dieser Neujustierung wird eine Übertragung von Zeitwertkonto-Guthaben in die bAV in der Regel wie ein Störfall behandelt. Praktisch heißt das:
- Das Guthaben wird im Zeitpunkt der Übertragung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Lohnsteuer ist abzuführen, als würde das Wertguthaben ausgezahlt.
- Auf den übertragenen Betrag fallen Sozialversicherungsbeiträge an, sofern noch Beitragspflicht besteht. Die Überführung löst damit eine Verbeitragung aus, die es in der früheren Systematik nicht gab.
Für viele Beschäftigte ist die Übertragung dadurch wirtschaftlich wenig reizvoll. Das Wertguthaben verliert einen Teil seines Steuer- und Beitragsvorteils genau in dem Moment, in dem es eigentlich als zusätzlicher Ruhestandsbaustein dienen soll.
Warum der Gesetzgeber so entschieden hat
Die Systemumstellung folgt einer klaren Trennlinie im Sozialrecht. Zeitwertkonten sollen primär der Finanzierung von konkreten Freistellungsphasen dienen, also einer vorübergehenden Entlastung im Erwerbsleben. Deshalb verlangt das Recht eine enge Zweckbindung und sanktioniert Gestaltungen, die faktisch nur Vermögensaufbau ohne geplante Freistellung wären.
Für Unternehmen bedeutet das, dass Zeitwertkonten und bAV zwar zusammengedacht werden können, aber nicht automatisch ineinander übergehen.
Innovative Lösungen für die Herausforderungen in der IT- und Softwarebranche
Fachkräftemangel, hohe Projektlast und der Wunsch nach New-Work-Flexibilität bringen Unternehmen der IT- und Softwarebranche unter Druck. Umso wichtiger sind planbare Auszeiten und Benefits, die Talente langfristig binden.
AEB, ein international tätiges IT- und Softwareunternehmen, hat deshalb gemeinsam mit PensExpert das FlexTime-Zeitwertkonto eingeführt. Über ein Wertguthaben schaffen Mitarbeitende Freiräume für Sabbaticals, Weiterbildung, Pflegezeiten oder den gleitenden Übergang in den Ruhestand – bei gleichzeitiger Stärkung der Personal- und Projektplanung.
In der Case Study aus der IT- und Softwarebranche zeigen wir, wie AEB so Kultur, Flexibilität und rechtssichere Vorsorge verbindet und die Arbeitgeberattraktivität messbar erhöht.
Wann ist die Übertragung von Zeitwertkonto-Guthaben in die bAV sinnvoll?
Trotz der Störfalllogik gibt es eine Gruppe, für die die Übertragung nach wie vor interessant sein kann. Das sind Beschäftigte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (jährliches Einkommen über 96.600 Euro).
Wer diese Grenze überschreitet, zahlt keine zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträge mehr auf weiteres Einkommen. Damit entfällt der größte Attraktivitätsverlust der heutigen Behandlung. Übrig bleibt vor allem die steuerliche Belastung, die allerdings in vielen Fällen durch individuelle Steuersätze im Übergang zum Ruhestand zumindest teilweise planbar ist. Für diese Zielgruppe kann die Übertragung also weiterhin eine sinnvolle Alternative zur Auszahlung sein.
Kurz Checkliste für Entscheider*innen in HR und Finanzen bei der Übertragung von Zeitwertkonto Guthaben in die bAV
- Anlass und Ziel prüfen: Warum soll übertragen werden und in welchen bAV Durchführungsweg soll das Guthaben fließen?
- ZWK und bAV Verträge checken: Ist die Übertragung in der Zeitwertkonto Vereinbarung erlaubt und kann der bAV Vertrag Einmalbeträge aufnehmen?
- Steuerpflicht einplanen: Übertragung gilt meist als Störfall. Der Betrag wird im Übertragungszeitpunkt lohnversteuert.
- Sozialversicherung klären: Liegt die Person unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, fällt Verbeitragung an. Oberhalb kann es beitragsfrei bleiben.
- Abstimmung aller Beteiligten sichern: Payroll, HR, Steuerberater, Treuhänder und bAV Anbieter vorab einbinden.
- Timing und Kommunikation sauber steuern: Übertragungsmonat festlegen, Nettoeffekt transparent machen, Entscheidung schriftlich bestätigen und ablegen.
Fazit: Übertragung von Zeitwertkonto-Guthaben in die bAV - Chance oder Kostenfalle?
Die Übertragung von Zeitwertkonto-Guthaben in die betriebliche Altersversorgung ist ein gutes Beispiel dafür, wie stark sich arbeitszeitbezogene Vorsorgelösungen in ihrer Wirkung verändern können, wenn der Gesetzgeber den Rahmen neu setzt.
Bis 2009 war die Überführung ein steuerlich und sozialversicherungsrechtlich privilegierter Königsweg von der Lebensarbeitszeit in die Zusatzrente. Heute bleibt sie möglich, ist aber in der Regel ein Störfall mit sofortiger Steuer und Beitragspflicht. Für die breite Belegschaft ist das kaum attraktiv. Für Topverdiener oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze kann es dagegen weiterhin ein sinnvoller Baustein in der Ruhestandsplanung sein.
Für HR und Finanzleiter heißt das, Zeitwertkonten weiterhin als Premiuminstrument der Arbeitszeitflexibilität zu positionieren, die bAV aber als eigenständige Säule der Altersversorgung zu führen. Dort, wo beide Systeme sich berühren, braucht es Klarheit, gute Beratung und einen Blick auf die Zielgruppe.
PensExpert begleitet genau diese Schnittstelle. Als Anbieter von Zeitwertkonten und betrieblicher Altersversorgung unterstützt PensExpert Unternehmen dabei, Wertguthaben rechtssicher zu gestalten, wirtschaftlich zu bewerten und im Einzelfall sinnvoll in bAV Lösungen zu überführen. Gerade bei komplexen Fallkonstellationen, etwa bei Führungskräften oder bei Ausstiegsfällen, hilft eine strukturierte Beratung, um steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Folgen transparent zu machen und die beste Lösung für Beschäftigte und Arbeitgeber zu finden.