19. Dezember 2023

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Thomas Haßlöcher

Vorruhestand ist nicht gleich „Vorruhestand“ (Teil 4)

Die vierte Folge: Das „Mannheimer Modell“ – ein besonderes Vorruhestandskonzept

 

Sobald ein Zeitwertkonto für den Vorruhestand im Unternehmen etabliert wurde, lassen sich auch weitere Gestaltungen planen und umsetzen.

Aufgrund der immer größer werdenden Nachfrage und der Tatsache, dass einige Mitarbeitende nicht ausreichend Zeitwertkontenguthaben für den persönlichen Vorruhestand von bspw. mehreren Jahren aufbauen können, wurde vor einigen Jahren ein Modell konzipiert, welches als „Mannheimer Modell“ gewisse Bekanntheit erreicht hat.

 

Dieses Mannheimer Modell besteht aus 2, manchmal auch 3 Bestandteilen und kombiniert Zeitwertkonten mit Zeiten von Arbeitslosigkeit und ggfls. zusätzlichen Rentenpunkten.

Ausgangslage ist wieder die Überlegung, einen sozial abgesicherten Vorruhestand zu ermöglichen, ohne Rentenabschläge in Kauf nehmen zu müssen. Das Mannheimer Modell ermöglicht auch älteren Mitarbeitergruppen eine Umsetzung dieser „Brücke“ in die Rente.

In einem ersten Schritt besteht in einem Unternehmen eine Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV oder wird entsprechend eingerichtet. Anschließend wird die Insolvenzsicherung, idealerweise, wie in § 7 e SGB IV vorgeschlagen, über eine Treuhandvereinbarung hergestellt. Nun können Einzahlungen in das persönliche Zeitwertkonto vorgenommen werden. Im Rahmen von Umstrukturierungen können so auch „Abfindungsleistungen“ in das Zeitwertkonto überführt werden. Dies ist auch möglich, obwohl eine Auszeit, durch die nach Einzahlung vorgenommene Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, nicht mehr beim aktuellen Arbeitgeber umgesetzt werden kann.

Die in einer Aufhebungsvereinbarung dokumentierte Einzahlung in das Zeitwertkonto wird beim „Noch“-Arbeitgeber in die Sicherung überführt. Anschließend, erfolgt mit Beschäftigungsende eine Übertragung des Zeitwertkontenguthabens auf die DRV Bund und wird dort als Zeitwertkonto weitergeführt.

EXKURS: Steuerliche Behandlung im Rahmen der Zeitwertkonten

 

Durch die Umwidmung des Bruttogeldwertes „Abfindung“ in das Zeitwertkonto fallen für diesen Betrag weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge an. Ähnlich einer betrieblichen Altersversorgung kann so unversteuert ein Vermögenswert in nahezu beliebiger Höhe steuerlich und sozialversicherungsrechtlich in die Zukunft verschoben werden. Die Versteuerung und Verbeitragung finden erst mit der späteren Zahlung, also der Fälligstellung des Geldvermögens im Sinne des Zeitwertkontos, statt. Dann entsteht steuerlicher Zufluss, eine sozialversicherungsrechtliche Verbeitragung mit den dann geltenden Steuersätzen und Beitragshöhen. Insofern ein sehr transparentes, aber auch steueroptimiertes Vorgehen.

Etwas anderes gilt auch nicht bei einer Übertragung des Brutto-Zeitwertkontovermögens auf die DRV Bund. Auch dort findet die Besteuerung erst mit Zufluss, also Zahlung in monatlichen Raten als Vorruhestand oder als Einmalzahlung mit Renteneintritt, statt. Bei einer Einmalzahlung greift zudem steuerlich die bei der Abfindung bekannte Optimierung im Sinne der abgabenrechtlichen Fünftelung, § 34 EStG.

 

Nachdem die Einzahlung noch in der letzten Sekunde des Beschäftigungsverhältnisses in das Zeitwertkonto erfolgt, sowie die Übertragung gemäß Formblatt auf die DRV Bund vollzogen wurde, kommt es in der Regel mit der Beendigung der Beschäftigung, sofern die Voraussetzungen vorliegen, zu einer Arbeitslosmeldung. In der Folge wird die Person eine bestimmte Zeit Arbeitslosengeld beziehen und so einen gewissen Lebensstandard sowie soziale Sicherung aufrechterhalten. Anschließend, und nun kommt das Zeitwertkonto als Brücke in die Rente zum Tragen, entnimmt die Person auf Basis der gesetzlich geregelten Wertguthabenvereinbarung mit der DRV Bund monatlich „Gehalt“ aus dem Zeitwertkonto bei der DRV Bund, spätestens bis zum Eintritt in die Altersrente.

Basis für die Höhe dieses Vorruhestandgehalts ist das letzte Gehalt vor der Arbeitslosigkeit. Auf dieser Basis kann das Vorruhestandsgehalt zwischen 70 % – 130 % variieren. Die Umsetzung des Vorruhestands über die DRV Bund kann innerhalb weniger Wochen erfolgen. Im Rahmen dieses Vorruhestands übernimmt die DRV Bund die Aufgaben des Arbeitgebers und führt Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab, so dass der Krankenkassenschutz besteht bzw. Rentenanwartschaften auch in dieser Zeit aufgebaut werden.

Dieses Mannheimer Modell zeigt die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten mit Zeitwertkonten und ermöglicht insbesondere bei Personalanpassungsprogrammen und Sozialplänen eine für alle Beteiligten sachgerechte Lösung. Auch der Staat und die Gesellschaft profitieren, da die mit dem Vorruhestand über Zeitwertkonten verbundene Beschäftigungsfiktion weitere Rentenkassenbeiträge sichert. Der Arbeitgeber wiederum kann mit einem guten Gefühl die betroffenen Beschäftigten freisetzen und die einzelnen Personen haben freie Hand in ihren Überlegungen zur Gestaltung ihrer Zeit bis zur Rente.

Praxistipp:

 

Auch wenn ein Zeitwertkonto bisher im Unternehmen noch nicht besteht, kann es sich im Rahmen der Personalanpassungsmaßnahmen lohnen, sich diesem Modell zu öffnen. Dabei sollte das Modell so aufgesetzt werden, dass auch andere Mitarbeitergruppen von diesem Instrument profitieren. Des Weiteren sollte bei der Gestaltung der „Abfindungsleistung“ darauf geachtet werden, dass es sich bei diesem Betrag um Entgelt handelt und nicht um eine Leistung aufgrund des Verlusts des Arbeitsplatzes. Denn nur Entgeltbestandteile können in ein Zeitwertkonto eingezahlt werden. Auch sollte bei der Berechnung dieser einmaligen Entgeltzahlung berücksichtigt werden, dass jeder Bruttobetrag mit einem Arbeitgeberanteil zur Gesamtsozialversicherung in das Zeitwertkonto übertragen werden muss. Diese rund 20 % sollten bei der Berechnung der Höhe des Anspruchs der Begünstigten mit einkalkuliert werden.

 

Fazit

Ein Vorruhestand ist nur dem Wortlaut nach ein „Vorruhestand“. Inhaltlich ergeben sich zahlreiche Gestaltungsmodelle für die Realisierung des Traums oder der Notwendigkeit eines „früher frei“.

Mit Ausnahme der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente benötigt man für die weiteren Lösungsansätze die Mitwirkung des Arbeitgebers. Und schaut man sich hier die beiden wesentlichen Gestaltungsvarianten an, sticht die Zeitwertkontenlösung, vielleicht auch in der Variante „Mannheimer Modell“, als eine für beide Seiten attraktive Lösung hervor.

Gerne besprechen wir in einem unverbindlichen Kennenlerntermin Ihre Ausgangslage und geben Ihnen erste Impulse für Ihre Lösung.

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